Die Gründung des Wetzlarer Geschichtsvereins 1904 Wie sein Vorgängerverein, der “Wetzlar’sche Verein für Geschichte und Altertumskunde”, wurde auch der Wetzlarer Geschichtsverein 1904 auf Anregung eines Nicht-Wetzlarers, des Regierungsbaumeisters Friedrich Ebel (1872-1915) gegründet. Er stammte aus der Gegend von Frankfurt an der Oder und leitete von 1901-1904 die Vorarbeiten zur Renovierung des Domes. Historisch und baugeschichtlich interessiert, wurde er zum geistigen Vater des Geschichtsvereins, in dessen Vorstand er nur kurze Zeit bis zu seiner Versetzung im Frühjahr 1904 das Amt des ersten Schriftführers innehatte. Seine Versetzung wurde so bedauert, dass aus den Reihen des Geschichtsvereins mehrere vergebliche Eingaben gemacht wurden, diese rückgängig zu machen. Am 6. Februar 1904 trafen sich etwa 30 Herren aus Stadt und Kreis Wetzlar in einer vorbereitenden Sitzung, um die Frage zu erörtern, ob die Gründung eines Vereins wünschenswert und aussichtsvoll sei, der den Zweck haben solle, die “Teilnahme für vaterländische Geschichte, Altertumskunde und Volkskunde zu wecken und zu fördern”. Unter den Teilnehmern waren der damalige Landrat Dr. Wilhelm Sartorius, Mitglieder der Lehrerkollegien des Gymnasiums, der Lehrerbildungsanstalt und der Bürgerschule, Geistliche und “sonstige angesehene Bürger”. In der konstituierenden Versammlung, der “Generalversammlung” am 22. Februar 1904 im vollbesetzten Saals des Hotels Kessel, wurden der Oberbieler Pfarrer Karl Allmenröder, Amtsgerichtsrat Ludwig Raab, Regierungsbaumeister Friedrich Ebel, Seminardirektor Walter Vorbrodt und der Kaufmann Bernhard Waldschmidt in den Vorstand gewählt. Den Beirat bildeten Sanitätsrat Dr. Karl Gerster (er schied im Laufe des Jahres 1905 aus), Professor Dr. Heinrich Gloёl, Pfarrer Friedrich Heinrich Himmelreich, Oberlehrer Richard Köllein, Rektor Heinrich Lürßen, Landrat Dr. Wilhelm Sartorius, der geheime Archivrat Dr. Hermann Veltman (schied im Laufe des Jahres 1905 aus) und Bürgermeister Otto von Zengen. Außerordentliche Vereinsaktivitäten in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts In den Jahren kurz nach der Vereinsgründung legte der Wetzlarer Geschichtsverein grossen Wert auf unterhaltsame gesellschaftliche Ereignisse. So wurde am 16. Januar 1907 im Schützengarten ein Unterhaltungsabend abgehalten, in dessen erstem Teil Gedichte und Lieder rezitiert, lebende Bilder gestellt und alte Tänze vorgeführt wurden. Im zweiten Teil beschloss ein Ball das Fest, das “den Verein den Herzen der Bürgerschaft näher brachte”, wie es im Vereinsbericht heisst. Neben diesem Effekt konnte der Verein durch die Veranstaltung auch ein Plus von 163 Mark in der Vereinskasse verbuchen. Zwei Jahre später wurde ein weiterer Unterhaltungsabend veranstaltet, dessen tragende Gestalten wiederum Professor Gloёl und Hoffotograf Spalke waren, die die Vereinsmitglieder zu lebenden Bildern aus den “Leiden des jungen Werther”, aus “Iphigenie” und “Hermann und Dorothea” arrangierten. Wegen des grossen Erfolges wurde 1909 das Fest an dem darauffolgenden Abend wiederholt. 1911 veranstaltete man abermals einen solchen Abend “zum Besten des Museums”, in dessen Zentrum eine Lustspiel über das Reichskammergericht stand, umrahmt von Musik, Gedichtrezitation und lebenden Bildern. Aus Anlass der hundertjährigen Wiederkehr der sogenannten “Völkerschlacht” bei Leipzig 1813, veranstaltete der Wetzlarer Geschichtsverein vom 18. bis 26. Oktober 1913 eine Jahrhundert-Ausstellung im Museum, dem ehemaligen Gesellschaftshaus der Freidenburg am heutigen Bebelplatz. Die Ausstellung war in sechs Teile unterteilt und versuchte, die Wetzlarer Geschichte von 1792 bis 1815 zu veranschaulichen. Die Kosten der Ausstellung betrugen 1028,80 M, zu denen der Verein Zuschüsse der Stadt Wetzlar und der Buderus‘schen Eisenwerke erhielt. Auf Anregung von Professor Gloёl ließ der Geschichtsverein im 100. Todesjahr des Reichsfreiherrn vom Stein eine Marmortafel am sogenannten “Hofmannschen Haus” in der Pariser Gasse anbringen, um daran zu erinnern, dass Stein als junger Rechtspraktikant am Reichskammergericht 1777 in diesem Haus bei dem Prokurator Kaspar Friedrich von Hofmann wohnte. Die “Mitteilungen des Wetzlarer Geschichtsvereins” berichten immer wieder von Besuchen befreundeter historischer Vereine, die von den Vorstands- und Beiratsangehörigen des Wetzlarer Vereins betreut wurden. So kamen etwa der Frankfurter Verein für Geschichte und Altertumskunde, die Altertums- und Geschichtsvereine Wiesbaden und Hadamar, der Koblenzer Museumsverein, die Mittelrheinische Gesellschaft zur Pflege alter und neuer Kunst, die Arbeitsgemeinschaft Koblenz des Verbandes der rheinischen Heimatmuseen, der Nassauische Geschichts- und Altertumsverein Wiesbaden sowie der historische Verein Darmstadt nach Wetzlar. Archäologische Aktivitäten Viele Veröffentlichungen des Wetzlarer Geschichtsvereins haben als Ergebnis seiner Tätigkeit weit über unseren Kreis hinaus die wissenschaftliche Forschung bereichert. Auch das Wetzlarer Museum wäre ohne die Sammeltätigkeit und Betreuung durch Mitglieder nicht zu dem geworden, was es heute ist. Wichtige Exponate stammen aus prähistorischer Zeit, was auf den Forschungseifer einiger Mitglieder auf diesem Gebiet zurückzuführen ist. Es seien hier nur einige herausragende Funde als Beispiele angeführt. Es sind dies aus der ehemaligen Höhle bei Dalheim Knochen eiszeitlicher Tiere, die Brand- und Bearbeitungsspuren aufweisen, und damit auf die Anwesenheit der frühen Menschen an dieser Stelle hinweisen. Nicht weit davon entfernt, “auf der Scheid”, wurden Gräber der Urnenfelderzeit (jüngste Bronzezeit) gefunden. Auch ein Kindergrab bei Klein-Rechtenbach und eine Kultstätte mit reichem Fundmaterial bei Dornholzhausen gehören in diese Zeit. Zur Hallstattzeit (ältere Eisenzeit) gehören Beigaben aus Grabhügeln bei Münchholzhausen und Lützellinden, sowie einer späteren Phase angehörend Siedlungsreste von der “Plank” und der umfangreiche Bronze-Depotfund aus Steindorf. Von grösster Bedeutung ist jedoch das Wagengrab von Schwalbach. Die Mitgabe eines Wagens ins Grab ist sehr selten und deutet darauf hin, dass hier eine bedeutende Persönlichkeit bestattet wurde. Zu nennen sind auch Untersuchungen zur Eisengewinnung bei Dalheim, am Dünsberg, der primär in der Latènezeit besiedelt war, und der Schatzfund römischer Münzen von Niedergirmes. Die karolingische Theutbirg-Basilika bei Nauborn wurde 1927 von Karl Schieferstein entdeckt und von Walter Bader aus Bonn ausgegraben. Untersuchungen am Kalsmunt durch Carl Metz und seine Bemühungen, die Anwesenheit der Römer in unserer Heimat nachzuweisen, führten letztlich in diesem Punkt zu einer höheren Aufmerksamkeit und nicht zuletzt zur Ausgrabung des römischen Forums in Waldgirmes und der germanischen Siedlung in Naunheim führte. Es würde hier den Rahmen sprengen, wenn man alle Fundstellen und alle Menschen aufzählen wollte, die sich um die Vorgeschichte unserer Heimat bemüht haben. Es seien daher nur einige herausgegriffen, wie z. B. Hermann Veltmann, H. Richter, P. Helmke, H. Hollmann, C. v. Hagen, R. Herwig, Walter Ebertz, Dr. Hanny Pfeiffer, Carl Metz, Klaus Engelbach und Heinrich Janke. Der Wetzlarer Geschichtsverein in der Zeit des Nationalsozialismus Im Februar 1934 vollzog der Wetzlarer Geschichtsverein den Anschluß an den Kampfbund für deutsche Kultur. Dieser hatte laut § 1 seiner Satzung den Zweck, “inmitten des heutigen Kulturverfalles die Werte des deutschen Wesens zu verteidigen und jede arteigene Äusserung kulturellen deutschen Lebens zu fördern. Der Kampfbund setzt sich als Ziel, das deutsche Volk über die Zusammenhänge zwischen Rasse, Kunst und Wissenschaft, sittlichen und willenhaften Werten aufzuklären.” Im Juni wurde aus diesem Kampfbund die “NS-Gemeinschaft Kraft durch Freude.” Aus dem erhaltenen Briefwechsel des Ehrenvorsitzenden Prof. Dr. Heinrich Gloёl mit dem Vorsitzenden, Dr. Paul Köhler, ist zunächst eine Zurückhaltung Gloёls gegenüber dem “Kampfbund” zu erkennen, indem er etwa fragt, ob der Verein durch den Beitritt zu diesem Bund Mitglieder verlieren werde, worauf Köhler den Beitritt als eine rein organisatorische und harmlose Angelegenheit bezeichnet. In der Zeit des Zweiten Weltkrieges gibt es kaum archivalische Zeugnisse über den Geschichtsverein, so dass auch nicht festzustellen ist, ob und wann er gleichgeschaltet oder aufgelöst wurde. Neuanfang nach dem Zweiten Weltkrieg Während des Zweiten Weltkrieges scheint die Arbeit des Wetzlarer Geschichtsvereins geruht zu haben. Weil 1945 nach der Besetzung Wetzlars durch die Amerikaner Vereine zunächst einem generellen Verbot unterlagen, musste man sich neu zusammenschliessen und durch die amerikanischen Behörden genehmigen lassen. Auf Anregung des Bürgermeister Dr. Friedrich Buch, der bereits am 18. 12. 1947 interessierte Bürger zu einem Gespräch über die Neugründung des Geschichtsvereins in seinem Dienstzimmer zusammengerufen hatte, wurde am 29. 01. 1948 in einer konstituierenden Versammlung der Wetzlarer Geschichtsverein neu gegründet. Die Vereinsvorsitzenden Karl Allmenröder (1828 – 1912), Vorsitzender von 1904 bis 1911, Ehrenmitglied Der erste Vorsitzende des Wetzlarer Geschichtsvereins, Karl Allmenröder, schlug durch seine persönliche Lebenserfahrung eine Brücke zum Vorgängerverein, dem “Wetzlar’schen Verein für Geschichte und Altertumskunde”, da er als junger Mann den damaligen Vorsitzenden Paul Wigand noch persönlich kennengelernt hatte. Karl Allmenröder war ein Pfarrerssohn aus Bonbaden, der nach dem Abitur am Wetzlarer Gymnasium in Halle Theologie studierte und als evangelischer Geistlicher in Braunfels, Waldbreitbach, Werdorf, Oberquembach und Oberbiel tätig war. Sein historisches Interesse galt der Genealogie und namentlich der Urkundenforschung. Zeitweilig verwaltete er das Fürstliche Archiv in Braunfels. Er war in der Lage, mittelalterliche Urkunden so täuschend ähnlich nachzuzeichnen, dass selbst Fachleute diese für alt hielten. Zusammen mit Friedrich Ebel rief er 1904 den Wetzlarer Geschichtsverein ins Leben. Professor Dr. Heinrich Gloёl (1855-1940), Vorsitzender 1911-1933, Ehrenvorsitzender Heinrich Gloёl stammte aus der Gegend von Magdeburg und wurde 1900 nach Wetzlar versetzt, wo er am Gymnasium alte Sprachen, Deutsch und Geschichte unterrichtete. Er war Gründungsmitglied des Wetzlarer Geschichtsvereins, seit 1908 sein Schriftführer und wurde 1911 als Nachfolger Allmenröders 1. Vorsitzender. Dieses Amt hatte er bis 1933 inne, danach kandidierte er aus Altersgründen nicht mehr und wurde zum Ehrenvorsitzenden ernannt. Gloёl zeichnete verantwortlich als Herausgeber der Mitteilungshefte 1-14 (1906-1937) und nahm den von Wigand begonnenen Schriftenaustausch mit Geschichtsvereinen im ganzen deutschen Sprachgebiet wieder auf, der bis heute weiter gepflegt wird. Der Germanist und Historiker, der sich besonders mit dem 18. Jahrhundert, der Goethezeit in Wetzlar, beschäftigte, war in vielen Bereichen des kulturellen Lebens tätig. 1932 wurde er zum Ehrenbürger der Stadt Wetzlar ernannt. Niemand hat sich in den ersten Jahrzehnten nach der Vereinsgründung grössere Verdienste um den Geschichtsverein erworben als Dr. Gloёl. Er tat die entscheidenden Schritte, um die Arbeit eines Geschichtsvereins in Wetzlar populär zu machen. Dr. Paul Köhler (1883-1954), Vorsitzender von 1933-1936 Dr. Paul Köhler war seit 1923 Leiter des Wetzlarer Lyzeums und trat dem Geschichtsverein 1924 bei. 1927 übertrug ihm die Stadt Wetzlar die ehrenamtliche Leitung ihres Historischen Archivs, dessen wertvolle Bestände dank seiner fürsorgenden Bergung über den Zweiten Weltkrieg hinaus unversehrt erhalten bleiben konnten. Der Wetzlarer Geschichtsverein wählte Dr. Köhler 1932 in seinen Vorstand, dem er dann ununterbrochen bis zu seinem Ableben angehörte, und zwar von 1933 bis 1936 als 1. Vorsitzender und, nachdem er dieses Amt niedergelegt hatte, bis 1950 als 2. Vorsitzender. Wilhelm Waldschmidt (1891-1965), Vorsitzender 1936-1955, Ehrenvorsitzender Wilhelm Waldschmidt, Zeichenlehrer am Wetzlarer Gymnasium, bekleidete das Amt des 1. Vorsitzenden von 1936 bis 1955. Seit 1940 war er Museumsleiter und hatte in dieser Eigenschaft das Museum über die Wirren der Kriegs- und Nachkriegszeit zu retten. Dr. Hanny Pfeiffer (1902-1988), Vorsitzende 1955-1980, Ehrenvorsitzende Die Kunsthistorikerin Dr. Hanny Pfeiffer übernahm 1955 das Amt der 1. Vorsitzenden. In ihre Amtszeit fallen wichtige Exkursionen ins In- und Ausland und zahlreiche von ihr selbst zum Vereinsprogramm beigesteuerte Vorträge. Als Museumsleiterin bemühte sie sich seit 1970 um Spenden für den Wiederaufbau der Zehntscheune im Deutschordenshof. Als Resultat dieser Anstrengung konnte sie 1976 dem Bürgermeister einen Scheck über fast 49.000 Mark überreichen. Der Geschichtsverein wählte sie 1979 zu seiner Ehrenvorsitzenden. Hans Steinbach (*1941), Vorsitzender 1980-1986 Hans Steinbach leitete die Geschicke des Wetzlarer Geschichtsvereins in den Jahren von 1980 bis 1986. In dieser Zeit wurde eine neue Satzung erarbeitet, die die Mitglieder auf der Jahreshauptversammlung 1986 annahmen. Auch die Zusammenarbeit zwischen Stadt und Geschichtsverein bei der Gestaltung der Wetzlarer Museen wurde unter dem Vorsitz Hans Steinbachs in einer neuen Vereinbarung geregelt. In seiner Amtszeit gelang es ihm, die Tätigkeitsfelder der Mitglieder von Vorstand und Beirat klar zu definieren und so eine gleichmässige Arbeitsverteilung zu erreichen. Ingeburg Schäfer (1935-2020), Vorsitzende 1986-2001, Ehrenvorsitzende Fünfzehn Jahre lang war Ingeburg Schäfer Vorsitzende des Wetzlarer Geschichtsvereins. Nachdem sie sich im Jahr 2001 nicht mehr zur Wiederwahl gestellt hatte, wurde sie aufgrund ihrer Verdienste um den Verein zu dessen Ehrenvorsitzender gewählt. In der Zeit ihres Vorsitzes wurde das Stadthaus am Dom zum regulären Veranstaltungsort des Vereins. Die Stadt stellte einen Raum im Alten Rathaus, Hauser Gasse, zur Verfügung, den der Verein für seine Zwecke als Bibliothek ausstattete. Die Mitteilungshefte erhielten eine einheitliche Gestaltung unter Verwendung des Wetzlarer Stadtwappens. Als Museumsbeauftragte des Vereins begleitete Frau Schäfer die Restaurierung und Neueinrichtung des Stadt- und Industriemuseums sowie des Lottehauses und tätigte Erwerbungen des Vereins für das Museum. Oda Peter (*1969), Vorsitzende seit 2001 Seit 2001 ist die Kunsthistorikerin Oda Peter 1. Vorsitzende des Wetzlarer Geschichtsvereins. Ehrenmitglieder und Ehrenförderer Seit 1911 ernennt der Wetzlarer Geschichtsverein Personen zu Ehrenmitgliedern, die sich durch ihre Arbeit in Vorstand und Beirat, durch langjährige Mitgliedschaft oder finanzielle Förderung des Vereins verdient gemacht haben. In der Anfangszeit gab es auch noch die Bezeichnung “Ehrenförderer”, die Mäzenen des Vereins wie Moritz Budge, August Wilhelm Emil Fritsch-Estrangin, Dr. Ernst Leitz I., Freiherr Ludwig Ignaz Josef von Renvers, H. Cloos und Dr. Wilhelm Sartorius zuteil wurde. Viele dieser Ehrenmitglieder waren in der Stille für den Verein tätig, ohne ins Rampenlicht zu treten. Die Ehrenmitglieder des Vereins sind (in der Reihenfolge ihrer Ernennung): Die “Mitteilungen des Wetzlarer Geschichtsvereins” Seit 1906 erscheinen die “Mitteilungen des Wetzlarer Geschichtsvereins” (MWGV) als wissenschaftliches Organ des Vereins. War ihr Erscheinen zunächst im Zweijahresabstand geplant, verlängerte sich dieser durch die Einwirkungen des Ersten Weltkrieges und der Weltwirtschaftskrise, um sich dann zwischen 1929 und 1937 in einem dreijährigen Turnus einzupendeln. Nach dem Zweiten Weltkrieg erschienen die Mitteilungen erstmals wieder 1953 und dann in rascher, fast jährlicher Folge, unterbrochen lediglich durch die Herausgabe zahlreicher Sonderbände. Ab 1956 wurden die Mitteilungsbände an die Mitglieder des Wetzlarer Geschichtsvereins kostenlos abgegeben, zuvor mussten sie extra erworben werden. 1987 bekamen die Bände einen einheitlichen Umschlag aus beige-marmoriertem Papier, den auf dem Titelblatt der Wetzlarer Stadtadler ziert. Der Verein versendet seine Bände im Büchertausch an etwa 30 Vereine und Institutionen, von denen er im Gegenzug Publikationen für seine Bibliothek erhält. Die Herausgabe der Mitteilungen ist Aufgabe des zweiten Vorsitzenden, der in meist stiller und oft nicht genügend gewürdigter Art Manuskripte sichtet, Korrekturen liest und mit Druckereien verhandelt. Federführend für die meisten der Hefte seit 1953 waren zunächst das Ehrenmitglied Herbert Flender und später Bernd Lindenthal, der heutige 2. Vorsitzende. Mitgliederstruktur und Mitgliederentwicklung In den ersten Jahrgängen der “Mitteilungen des Wetzlarer Geschichtsvereins” erschienen Mitgliederlisten mit Angabe des Berufes, die einen Aufschluss geben über die den Verein in seiner Gründungszeit tragenden Berufsgruppen. 1906 waren von 195 Mitgliedern 39 Lehrer und Lehrerinnen, 19 Kaufleute, 17 Juristen, 15 Theologen, 11 Architekten und 9 Mediziner. Eine ähnliche Aufteilung in die im Geschichtsverein aktivsten Berufsgruppen zeigt sich auch 1908, als von 168 Mitgliedern 22 Lehrer, 16 Kaufleute, 13 Pfarrer, 11 Juristen, 9 Mediziner und 8 Architekten waren. 1912 waren von 163 Mitgliedern 27 Lehrer und Professoren, 15 Juristen, 11 Architekten, 11 Fabrikbesitzer (Fabrikanten), 8 Geistliche, 8 Mediziner und 5 Kaufleute. In den fünfziger Jahren erschienen noch zwei weitere Mitgliederlisten mit Berufsbezeichnung, doch wird bei über zwanzig Personen auf die Angabe einer Tätigkeit verzichtet, so dass eine statistische Auswertung erschwert wird. 1952 waren von 160 Mitgliedern 28 Lehrer, 10 Kaufleute und kaufmännische Angestellte, 8 Ingenieure, 8 Mediziner, 7 Fabrikanten, 7 Juristen, 6 Direktoren, 5 Geistliche und 4 Architekten. 1958 bildeten die Lehrer wie zuvor die grösste Gruppe mit 37 von 195 Mitgliedern, dann folgten die Kaufleute und kaufmännischen Angestellten mit 12, 11 Ingenieure, 8 Juristen, 8 Mediziner, 6 Direktoren und Generaldirektoren, 4 Architekten, 4 Fabrikanten, 4 Firmen und 4 Geistliche. Heute werden Mitgliederlisten ohne Erhebung des Berufes erstellt, so dass eine ähnliche statistische Auswertung nicht mehr möglich ist. Am 01. 01. 2004 hatte der Wetzlarer Geschichtsverein 289 Mitglieder. Dazu kommen zahlreiche Tauschpartner, die die Mitteilungsbände erhalten und dem Verein im Tausch ihre Publikationen für die Bibliothek des Geschichtsvereins zusenden. Im Gründungsjahr hatte der Verein 122 Mitglieder (“120 Herren und zwei Damen”), in den Jahren bis zum Ersten Weltkrieg stieg die Zahl dann auf 170 Mitglieder an. Die Kriegszeit und die darauffolgende wirtschaftliche Krisenzeit liessen die Mitgliederzahl auf 131 Personen sinken. Der Tiefpunkt der Mitgliederzahl scheint 1937 mit 80 Mitgliedern erreicht gewesen zu sein. Leider fehlen in den Akten für eine genaue Statistik fortlaufende Nennungen der Mitgliederzahl, so dass nach dem Zweiten Weltkrieg lediglich ein starkes Ansteigen der Beitritte zu verzeichnen ist. Setzt man die Mitgliederentwicklung nach 1945 jedoch in Relation mit der Bevölkerungsentwicklung der Stadt Wetzlar, die ihre Einwohnerzahl zwischen 1900 (8906) bis 2001 (53015) fast versechsfachte, so hinkt der Mitgliedszuwachs des Geschichtsvereins stark hinterher. Exkursionen Bereits im Gründungsjahr reisten die Mitglieder des Wetzlarer Geschichtsvereins gemeinsam in die nähere Umgebung Wetzlars. Die ersten Ziele, die sicher hauptsächlich zu Fuss erreicht wurden, waren Weilburg, Hermannstein und Kloster Altenberg. Bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges fuhr man dann nach Herborn, Greifenstein, Dillenburg und Gießen. In der Zeit der Weimarer Republik besuchte man die benachbarten Orte Gießen, Altenberg, Treis an der Lumda, Arnsburg, Nauborn, Greifenstein, Braunfels und hatte auch erstmals eine Ausstellung zum Ziel, als man in Marburg die Schau “Religiöse Kunst aus Hessen und Nassau” besichtigte. Auffällig ist, dass die ersten Reiseziele meist an den Linien der Eisenbahn lagen; Reisen mit dem Omnibus gab es wohl noch nicht. Nach dem Zweiten Weltkrieg nahm man den Besuch nahegelegener Ziele wieder auf, steuerte aber auch mit Bus oder Bahn weiter entfernte Orte wie Wiesbaden oder Fulda an. In den 50er Jahren bereicherten dann auch Stadtführungen zum Kalsmunt oder durch die Unterstadt das Exkursionsprogramm des Vereins. Während des Vorsitzes von Dr. Hanny Pfeiffer führten Reisen des Geschichtsvereins sogar nach England, in die Provence und nach Rom. Viele kleine Natur- und Kulturdenkmale im hessischen Raum wurden unter ihrer Leitung besucht. Heute ist die Durchführung von Exkursionen in die nähere Umgebung wegen des vorherrschenden Individualverkehrs schwieriger geworden. Das Sommerprogramm des Wetzlarer Geschichtsvereins enthält jedoch weiterhin vorwiegend Exkursionen mit dem Bus zu Zielen in einem Umkreis von etwa 200 Kilometern und Führungen durch Wetzlar und Umgebung geprägt. Eine schöne Tradition ist seit einigen Jahren die adventliche Fahrt zu einer Ausstellung in Frankfurt mit dem anschliessend möglichen Besuch des Frankfurter Weihnachtsmarktes. Vorträge Seit seiner Gründung veranstaltete der Wetzlarer Geschichtsverein regelmäßig öffentliche Vorträge. Meist konnte man Vortragende aus den Reihen der eigenen Mitglieder gewinnen, doch bot man auch auswärtigen Wissenschaftlern ein Forum, auf dem sie über ihre neuesten Forschungen berichten konnten. Die Themen kreisten meist um historische Geschehnisse in Wetzlar und Umgebung, berührten Kunst-, Kultur- und Literaturgeschichte, machten die Zuhörer aber auch mit der Geologie des heimatlichen Raumes und der Geschichte anderer Länder vertraut. Heute bietet der Verein im Herbst- und Winterhalbjahr Vorträge an, zu denen der Eintritt stets frei ist. |